Viamonda Reisejournal

Einzigartig schöne Pflanzenwelt

Die Kanaren sind weit mehr als ein winterlicher Hotspot für Badetouristen. Von den Atlantikstränden bis auf 3’715 Meter über Meer verblüfft das Inselreich mit einer einmalig vielfältigen Natur.

Nirgends habe er ein so mannigfaltiges, so anziehendes Gemälde vor sich gehabt wie auf Teneriffa, hielt der berühmte Forschungsreisende Alexander von Humboldt im Jahr 1799 fest. Bis heute entfaltet sich die Vegetation auf den Kanaren einzigartig vielfältig. Das Inselreich zählt weit über 2’000 verschiedene Pflanzenarten – darunter mehr als 500 Endemiten, die nur hier vorkommen. Der Archipel gilt deshalb unter Kennern als das «Galapagos der Pflanzen». «Die Kanaren haben den Ruf als winterlicher Hotspot für Badetouristen, doch der Archipel hat weit mehr zu bieten als ganzjährig warme Temperaturen und traumhafte Sandstrände in allen Abstufungen zwischen Schwarz und Weiss», betont Dario Del Monaco, Reiseleiter bei Vögele Reisen. Der Zürcher begleitet regelmässig Reisegruppen nach Teneriffa, La Gomera und Gran Canaria und kennt die Inseln auch von ihren weniger touristischen Seiten.

Vulkan der Superlative

Die Kanaren sind ein vergleichsweise junger Fleck Erde. Ihre Existenz verdanken sie den vulkanischen Aktivitäten eines Hotspots tief unter dem Meer. Fuerteventura tauchte bei einem Vulkanausbruch vor 22 Millionen Jahren als erste Kanarische Insel aus den Atlantikfluten auf, La Palma und El Hierro folgten vor 2 beziehungsweise 1,2 Millionen Jahren als letzte. Teneriffa ist mit einer Fläche von 2’034 km2 die grösste Kanaren-Inseln. Geprägt wird sie vom drittmächtigsten Inselvulkan der Welt – dem Pico del Teide. Mit einer beeindruckenden Höhe von 3’715 Metern über Meer ist er der höchste Berg Spaniens. Vornehmlich seinetwegen kam Alexander von Humboldt einst zu Forschungszwecken nach Teneriffa. Die eindrückliche Landschaft, die er vorfand, steht seit 1954 unter Schutz. Nebst dem mächtigen Vulkankegel umfasst der Parque Nacional del Teide die ausgedehnte kesselartige Caldera, die ihn umschliesst. Diese vulkanische Szenerie magnetisiert heute so viele Besucher wie kein zweiter Nationalpark in Europa.

Erkaltete Krater, Schlote und Lavaflüsse faszinieren hier in den unterschiedlichsten Farbtönen und Formen. Die Vegetation ändert sich fast von Meter zu Meter, wird immer karger und mündet bald in einer unwirklich anmutenden Mondlandschaft. Wenn nach dem Winter die Schneefelder an den Hängen des Teide schmelzen, kommt es in den tieferen Lagen zu einer wahren Farbexplosion. Büsche und Sträucher entfalten ihre volle Blütenpracht, füllen die Luft mit würzigen Aromen und locken unzählige Insekten an. Oft umhüllen Wolken und Nebelschwaden die Flanken des Teide. Meist lohnt es sich trotzdem, den Weg zum Gipfel auf sich zu nehmen. In der Regel ragt er nämlich aus dem Wolkenmeer heraus. Anders als noch zu Alexander von Humboldts Zeiten gelangen Gipfelstürmer heute bequem mit der Seilbahn bis fast ganz nach oben zum Kraterrand.

Entdeckungen eines Schweizer Pioniers

Wer den Nationalpark zu Fuss erkundet, entdeckt mehr. Unter den zahlreichen endemischen Arten, die im Teide Nationalpark gedeihen, sticht Wildprets Natternkopf (Echium wildpretii) heraus. Sein purpurroter Blütenstand ragt zylinderförmig-schmal bis zu zwei Meter in die Höhe und ist dicht mit Blüten besetzt. Ihren Namen trägt diese auffallende Natternkopfart zu Ehren des Schweizer Botanikers Hermann Wildpret (1834–1908). Wildpret siedelte um 1856 aus der Schweiz nach Teneriffa über, wo er ab 1860 als Obergärtner den Jardín Botánico de la Orotava in Puerto de la Cruz leitete. Wildpret erforschte Teneriffas Flora intensiv und entdeckte und bestimmte zahlreiche Arten, darunter etwa den als Papageienschnabel bekannten, Kanarischen Hornklee (Lotus berthelotii). Innerhalb von zwei Jahrzehnten entwickelte Wildpret den «Botánico» massgeblich weiter und machte ihn zu einem der bekanntesten Botanischen Gärten der Welt.

Heute zieht ein anderer Botanischer Garten rund 25 Kilometer westlich von jenem in Puerto de la Cruz wesentlich mehr Besucher an – der Parque del Drago in Icod de los Vinos. Ein Urenkel von Hermann Wildpret hat ihn mitentworfen: Wilfredo Wildpret de la Torre, emeritierter Professor für Pflanzenbiologie an der kanarischen Universität La Laguna. Der Parque del Drago wurde zwischen 1997 und 2000 mit inseltypischen Gewächsen angelegt. Die Hauptattraktion im Zentrum des Gartens existiert allerdings schon viel länger: der «Drago Milenario» – der tausendjährige Drachenbaum. Sein Name blieb erhalten, obwohl der Baum gemäss neueren Expertenschätzungen irgendwo zwischen 300 bis 800 Jahre alt sein dürfte. Drachenbäume sind Spargelgewächse und weisen keine Jahrringe auf. Deshalb bleibt das exakte Alter des Drago Milenario ein Geheimnis. Sein sechs Meter dicker Stamm verästelt sich nach oben immer mehr und weitet sich zu einer grünen Krone aus, deren Dach eine Höhe von gut 17 Metern erreicht. Mit diesen Ausmassen gehört der Drago Milenario zu den beeindruckendsten Exemplaren seiner Art. Neben dem Teide ist er Teneriffas bekanntestes Wahrzeichen. Bereits die Guanchen, die Ureinwohner der Insel, trieben einen Kult um die endemischen Drachenbäume. In deren Ästen fliesst ein Saft, der sich rot färbt, sobald er mit Luft in Kontakt kommt. Alchemisten experimentierten damit, Seefahrer schworen bei Zahnschmerzen auf die heilende Wirkung.

Der Zauberwald von La Gomera

Mystisch und legendenumrankt ist ein weiteres Naturphänomen der Kanaren – der Nebelwald im Nationalpark Garajonay auf La Gomera. Unter uralten, mit Bartflechten behangenen und von Moos bewachsenen Lorbeerbäumen gedeihen Riesenfarne. Über Felsen rauschen stiebende Wasserfälle in die Tiefe. Wolken, die sich an den Berggipfeln stauen, versorgen den Wald laufend mit dampfender Feuchtigkeit. Zahlreiche endemische Tier- und Pflanzenarten haben sich in diesem zum UNESCO Weltnaturerbe gehörenden Ökosystem eingenistet. Nicht nur deshalb lohnt sich für Naturbegeisterte ein Abstecher nach La Gomera. Die zweitkleinste Kanareninsel präsentiert sich auch ausserhalb des Nationalparks wild-ursprünglich. Schroffe Kerbtäler, so genannte «Barrancos», prägen die Insel-Topographie. Auf La Gomera ticken die Uhren langsamer. Dörfer wie Las Rosas oder Agulo verströmen noch den Charme vergangener Zeiten.

Inselreich der Kontraste

Den stärksten Kontrast zum menschenarmen Naturparadies auf La Gomera bildet die grösste Stadt der Kanaren. Das pulsierende Las Palmas auf Gran Canaria besitzt fast 400’000 Einwohner und die bunte Aura einer bedeutenden Hafenstadt. Las Palmas liegt nicht selten unter einem Wolkenschleier. «Panza del burro» – Eselsbauch – nennen Einheimische dieses Wetterphänomen, welches dafür verantwortlich ist, dass Badetouristen auf Gran Canaria der Hauptstadt an der Nordküste meist den Rücken kehren und überwiegend die Strände von Maspalomas im sonnigeren Süden aufsuchen. Die südlichste Spitze Gran Canarias bleibt dennoch frei und unverbaubar in ihrer natürlichen Schönheit erhalten. Das Naturschutzgebiet Dunas de Maspalomas ersteckt sich über eine Länge von sechs und eine Breite von ein bis zwei Kilometern. Seine Dünenlandschaft erinnert an die nahe Sahara. Die Calima, ein trockener warmer Wind, der häufig vom afrikanischen Festland über die Kanaren fegt, bringt Saharastaub mit sich. «Die Vermutung liegt deshalb nahe, dass sich die Dünen von Maspalomas aus hergewehtem Saharasand speisen. Tatsächlich entstammen die enormen Sandmassen, die sich hier auftürmen jedoch aus dem Muschel- und Korallenkalk, welchen das Meer anspült», erklärt Reiseleiter Dario Del Monaco. Eine Lagune und ein Palmenhain vervollständigen die pittoreske Wüsten-Szenerie.

Gran Canarias verehrter Wolkenfels

Oasenartig breiten sich Palmen auf Gran Canaria auch im Barranco de Fataga aus. Die Schlucht ist als Tal der tausend Palmen bekannt, aber auch aufgrund der spektakulären Bergkulisse rundum einen Besuch wert. Von den gewaltigen Kräften, welche bei der Entstehung von Gran Canaria am Werk waren, zeugt eindrucksvoll der Vulkankrater von Bandama. Er reicht 200 Meter in die Tiefe und hat einen Durchmesser von einem Kilometer. Im Zentrum der Insel thront auf einem Hochplateau ihr Wahrzeichen: der «Roque Nublo»(Wolkenfels). Schon die Canarios, die Ureinwohner Gran Canarias, verehrten den rund 65 Meter hohen Monolithen als heiligen Berg. Sie stiegen zu ihm hoch, um dem Sonnengott zu huldigen. Im 20. Jahrhundert hat der Komponist und Schriftsteller Néstor Álamo den Roque Nublo als «altar de mi tierra maga» besungen, als «Altar meiner bezaubernden Heimat». Nicht nur hier erweist sie sich echt magisch – die einzigartige Inselnatur der Kanaren.

Inselhüpfen auf den Kanaren

Die zehntägige Rundreise von Vögele Reisen bringt den Gästen die vielfältige Inselnatur von Teneriffa, La Gomera und Gran Canaria eindrücklich näher. Kompetente Reiseleiter begleiten die Rundreise mit maximal 25 Teilnehmenden und ermöglichen unvergessliche Begegnungen mit Land und Leuten.

Diverse Reisetermine von Februar bis November 2022.

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Ein Artikel von Daniel Zinnenlauf, Pantarhei für das Magazin Naturzyt

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